Streu-Experimente
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Der differentielle Wirkungsquerschnitt bei
Coulomb-Streuung
Wie
groß ist der differentielle Wirkungsquerschnitt (D(
q
)
= d
s
/
d
W
)
bei
Coulomb-Streuung
?
Wir erinnern uns an die Definition des differentiellen
Wirkungsquerschnitts:
D(
q
)
= d
s
/
d
W
ist der Quotient aus
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"Eintrittsflächen-
und Raumwinkelelement". Wir müssen also d
s
und d
W
berechnen.
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Dazu
betrachten wir die rechte Abbildung:
Fliegt
ein Teilchen durch den linken weißen Ring (Fläche d
s
), wird es so gestreut wird, dass es durch den rechten weißen "Ring"
(Fläche dA, Raumwinkelelement d
W
= dA/R
2
) auf der Kugeloberfläche tritt. Wir drücken die Flächeninhalte der beiden Ringe durch die in der Abbildung angegebenen Größen
aus.
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d
s
:
Die Fläche des linken Rings ist einfach "Umfang
2
p
b
mal Breite
db
":
d
s
=
2
p
b
.
db
dA
: Auch hier
ist die Fläche wieder "Umfang
2
p
R
sin
q
mal
Breite
R d
q
", man muss nur berücksichtigen, dass sich der Ring im Abstand R vom
Mittelpunkt befindet:
dA = 2
p
R
sin
q
.
R d
q
Mit
d
W
= dA/R
2
folgt:
d
W
= 2
p
sin
q
.
d
q
Wir
können nun den Quotienten d
s/
d
W
bilden:
Da
für wachsendes b der Streuwinkel
q
kleiner wird, müssen wir noch ein Minuszeichen einfügen:
(1)
Die
Größe db/d
q
ist die Ableitung von b nach
q
.
Mit
folgt nach
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Anwendung der Quotientenregel:
(2)
(2)
in
(1)
eingesetzt ergibt:
Hierbei wurde sin
q
durch 2cos(
q
/2)sin(
q
/2)
(Additionstheorem) ersetzt. Der Ausdruck ist als
Rutherfordsche Streuformel
bekannt.
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Das
entscheidende Ergebnis ist:
Der differentielle Wirkungsquerschnitt bei
Coulomb-Streuung ist proportional zu "sin
-4
des halben Streuwinkels":
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Man beachte hierbei, dass die Rutherfordsche Streuformel auf mehreren idealisierenden Annahmen beruht:
- Die Streuteilchen sind
punktförmig.
- Zur Beschreibung der Streuung wird nur das radialsymmetrische Coulomb-Potenzial eines Streuzentrums betrachtet. Die negative elektrische Ladung der
Elektronenhülle wird vernachlässigt.
- Es können
beliebig große Stoßparameter autreten.
- Es tritt nur Einfachstreuung auf.
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Zu kleinen Streuwinkeln hin stellt man Abweichungen zwischen Experiment und der Vorhersage durch die Streuformel fest. Hier
werden die Stoßparameter so groß, dass der Einfluss der Elektronen nicht mehr vernachlässigt werden kann.
Weiterhin können die Stoßparameter in der Realität nicht beliebig groß werden. Sie sind durch den halben Abstand zwischen zwei Streuzentren im Target beschränkt (sog. "halbe Gitterkonstante" bei Festkörpern). |
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Interpretation:
Rechts ist die Proportionalität grafisch dargestellt. Man kann daran ablesen, wie häufig die unterschiedlichen Streuwinkel auftreten. Der
Graph hat bei
q
= 180° ein Minimum, d.h. in Rückrichtung wird am seltensten gestreut. Sehr wahrscheinlich sind hingegen Streuwinkel um 0° also Streuungen mit sehr kleinen Ablenkungen aus der ursprünglichen Flugrichtung. Der steile Abfall des Graphen zur Mitte hin zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten größerer Streuwinkel sehr schnell abnimmt.
Aus der Abweichung seiner Messergebnisse von diesem Verlauf für
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große Streuwinkel bzw. kleine Stoßparameter
(ca. 10
-14
m) hat Rutherford (richtig) geschlossen,
dass die Ausdehnung des Atomkerns wohl in dieser Größenordnung liegt. |
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